Jeder Reiter und Pferdemensch liebt es, sein Pferd auf einer Weide im grünen, saftigen Gras, glücklich fressend, stehen zu sehen.
Aber nicht jedes Pferd oder Pony hat das Glück, ohne gesundheitliche Schwierigkeiten auf solchen Wiesen stehen zu können.
Eine lebensgefährdende Erkrankung, die durch Überernährung ausgelöst werden kann, ist die Hufrehe.
Hufrehe ist nach der Kolik die zweithäufigste Todesursache bei Pferden, insbesondere aber bei Ponys (Christopher Pollitt 2008: Equine Laminitis Current Concepts).
Was ist Hufrehe?
Hufrehe (Laminitis), (medizinisch Pododermatitis diffusa aseptica = Aseptische Huflederhautentzündung oder Morbus apparatus suspensorii ossis ungularis) ist eine nicht durch Infektionserreger bedingte Entzündung des Hufbein-Trägers bei Huftieren.
Der Begriff der Hufrehe leitet sich aus dem Mittelhochdeutschen „ræhe“ ab und bedeutet „steif“.
Damit ist also der Begriff keine Bezeichnung für eine Erkrankung, sondern für ein typisches Symptom, das die Folge mehrerer Krankheitsgeschehen sein kann:
Nicht nur zu viel Gras mit einem hohen Fruktangehalt, davon in einem späteren Artikel mehr, kann Hufrehe auslösen, sondern es gibt noch eine ganze Reihe anderer Trigger.
Ihnen ist gemeinsam, dass sie zu einer Störung der Mikrozirkulation des Blutes im Bereich der Huflederhaut führen.
Durch diese gestörte Mikro-Zirkulation führen giftige Stoffwechselprodukte zu Entzündungen und Durchblutungsstörungen im Huf, was die Aufhängung des Hufgewebes in der starren Hufkapsel auflöst.
Dies kann schlimmstenfalls zu einer Ablösung des Hufbeins aus dem Hornschuh führen = Ausschuhen.
Unten ein Video, was die dabei statt findenden Mechanismen im Huf, wie Hufbein-Absenkung oder -Rotation gut erklärt.
Wodurch kann es zu Hufrehe kommen?
Die Hufrehe kann in 3 Auslösergruppen eingeteilt werden:
- Durch septische Allgemeinerkrankungen oder Vergiftungen ausgelöst (Toxische Rehe)
- Durch Überbelastung ausgelöst (Belastungsrehe)
- Durch Übergewicht oder Stoffwechselerkrankungen ausgelöst (Fütterungsrehe)
Im Verhältnis zur Gesamtanzahl der Fälle ist der Anteil an Rehefällen aus Fütterung ist am Höchsten, besonders bei leichtfuttigen Pferderassen wie Iberern, Haflingern, Shetland-Ponys, Tinkern, Friesen und Co.Â
- Toxische Rehe
Bei dieser Form der Rehe sind Toxine (Giftstoffe) reheauslösend, die die Durchblutung im Halteapparat des Hufbeins stören.Mögliche Auslöser der toxischen Rehe:
- Nachgeburtsverhaltung mit verbundener Endotoxinaufnahme =Â Geburtsrehe
- Giftpflanzen auf der Weide oder im Heu, Holzschutzmittel im Stall,  Pflanzenschutzmittel (Pestizide) im Getreide/Kraftfutter, Schimmelpilze im Heu, Klärschlamm auf Feldern mit anschließender Bepflanzung (=Schwermetallbelastung der Pflanzen), seltene oder fehlerhafte Entwurmung = Vergiftungsrehe
- zum Beispiel durch überdosierte Kortisongaben= medikamentenabhängige Rehe
- Cushing, Schilddrüsenerkrankungen, Zyklusstörungen der Stute (Dauerrosse oder ausbleibende Rosse) = endokrinologisch (hormonell) bedingte Hufrehe
- Aufnahme von Endotoxinen über die Darmschleimhaut  = Kolitis (Dickdarmentzündung) assoziierte Hufrehe
- starke Verwurmung
- Alles was den Körper und seinen Stoffwechsel durcheinanderbringt, kann Hufrehe auslösen!
- Belastungsrehe
Die Belastungsrehe entsteht durch Überbelastung eines oder mehrere Hufe (selten).
Sie kann durch langes Laufen auf harten Böden ausgelöst werden (Marschrehe) oder durch die Überlastung eines Hufs beispielsweise nach Ruhigstellung des gegenüber liegenden Beines nach einer Verletzung.
Auch langes  Stehen beispielsweise im Stall, kann aufgrund der dadurch ausgelösten Störung der Blutzirkulation zu einer Rehe führen (Stallrehe).Wenig bekannt ist, dass auch eine unphysiologische Hufstellung Hufrehe auslösen kann:
Gefährdete Pferde sind:
- Pferde mit vernachlässigten Hufen
- Pferde mit unterschiedlich steilen Vorderhufen
- Pferde mit zu kleinen Hufen (im Verhältnis zur Körpermasse)
- Pferde mit sehr weiten Hufen, sogenannten Teller- oder Platthufen
Alarmzeichen für Probleme im Huf, die schlimmstenfalls eine Hufrehe auslösen können:
- eine Verbiegung der Zehenwand
- eine zu lange Zehe bei niedrigen bzw. untergeschobenen Trachten
- eine nach hinten gebrochene Huf-Fesselachse
- zu flache, wegdriftende Seitenwände
- gelblich bis rötliche Einfärbungen in der Hornkapsel
- zahlreiche „Futterrillen“ beziehungsweise Faltenhorn
- eine aufgerissene und / oder eingefärbte Blättchenschicht
- häufige Hufgeschwüre oder Hufabszesse
- ein zeitweiser oder ständig fühliger Gang beziehungsweise ungeklärte und immer wiederkehrende Lahmheiten
- FutterreheÂ
Bei der Futterrehe spielen Futterinhaltsstoffe und die Futtermenge eine Rolle.
Nehmen Pferde im Übermaß Futter mit übermäßigem Energiegehalt und / oder zu viel Zucker auf, kann dies zu einer stoffwechselbedingten Entgleisung und letztlich zur Hufrehe führen.
Eiweiß ist KEIN Auslöser für Hufrehe!
Pflanzeninhaltstoffe, die Schwankungen unterliegen (wie zum Beispiel Fruktane) sind eher der toxischen Hufrehe zuzuordnen, da sie eine erhöhte Endotoxinaufnahme im Darm bewirken.
Fruktane gehören zu den rasch fermentierbaren Kohlenhydraten, die im Dickdarm des Pferdes einem schnellen mikrobiellen Abbau unterliegen. Die bei der Fermentation entstehenden Produkte können durch vorgeschädigte Darmschleimhaut in den Blutkreislauf gelangen, gefäßverengend wirksam werden und eine Hufrehe auslösen.Eine Sonderform der Fütterungsrehe kann durch die Insulinresistenz ausgelöst werden, die eine Folge des Equinen Metabolischen Syndroms (EMS) – Ursache Pferd ist zu fett –  oder von Cushing – Erkrankung der Hirnanhangsdrüse – ist.
Näheres über das EMS ist HIER zu finden.Anfällig für eine stoffwechselinduzierte Hufrehe sind alle Pferderassen, deren Ahnen aus rauhen und kargen Regionen kommen und die auf Leistung bei knappem Futterangebot selektiert sind:
zum Beispiel Iberer, Kaltblüter, Tinker, Camarque, Criollos, Ponys, Friesen. Haflinger und Co.
Wo?
Meist sind beide Vorderhufe betroffen.
Eine Erkrankung aller vier Hufe ist möglich, in diesem Fall sind die Vorderhufe meist stärker betroffen.
Formen der Hufrehe
- Hufbeinrotation
Die Verbindung zwischen Hornkapsel und Hufbein löst sich.
Der Zug der tiefen Beugesehne dreht das Hufbein im Hufgelenk aus seiner Verankerung an der Zehenwand.
Es kommt zur Hufbeinrotation mit Druck der Hufbeinspitze auf die Sohle.
Die Hufspitze kann durch die Hufsohle durchbrechen. - Absinken des HufbeinesÂ
Bei der Hufbeinsenkung sinkt das Hufbein nach unten ab.
Weil das Hufbein nach unten sinkt, verschwindet das Sohlengewölbe und die Sohle wird gequetscht.
Die Durchblutung der Sohlenlederhaut aber auch des Huflederhaut des Kronrandes wird massiv gestört. Durch die Mangeldurchblutung wächst das Hufhorn langsamer.Die Hufbeinabsenkung belastet das Hufgelenk, da sich der Beweglichkeitsspielraum beim Abfußen mit zunehmender Absenkung vermindert:
die Gelenkkapsel und die Seitenbänder werden gequetscht, was zu Schmerzen und Entzündungsreaktionen des Hufgelenkes führen kann.
Die mechanische Einschränkung der Beweglichkeit beeinflusst den Gang und das Abrollverhalten des Pferdes.
Hufbeinrotation und Absinken des Hufbeins in der Hornkapsel sind die klassischen Krankheitsfolgen einer Hufrehe.
Oft kommen beide Mechanismen in unterschiedlichem Ausmaß gleichzeitig zum Tragen.
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Symptome
Akute Hufrehe
- gestörter Allgemeinzustand aufgrund der starken Schmerzen
- sehr vorsichtiges, langsames Gehen
- Trachtenfussung (pantoffelnder Gang)
- steif, klamm / Bewegungsunlust
- kurze, flache Schritte
- schlechter auf hartem Untergrund
- Kronrand geschwollen und warm
- Schweissausbruch, Muskelzittern, erhöhte Pulsfrequenz, erhöhte
Atemfrequenz, eventuell Fieber - die Vorderbeine werden weit nach vorne gestellt,
die Hinterbeine werden unter den Körper geschoben,
aufgewölbter Rücken (Katzenbuckel) - wenn alle vier Hufe betroffen sind, liegen die Pferde häufig
- das Aufheben eines Beins ist nicht möglich, da die andere Gliedmasse wegen der Schmerzen nicht belastet werden kann
- Wendeschmerz
- verstärkte Pulsation der Zehenarterien und der Mittelfussarterien
- hochgradige Schmerzen bei der Zangenprobe
Eine akute Hufrehe ist immer ein Notfall !
Chronische Hufrehe
- deformierte Hornkapsel, Formveränderung des Hufes von aussen
- die Hornwand ist von der Lederhaut abgetrennt, dazwischen liegt lockeres Narbenhorn (verbreiterte weisse Linie)
- Sohlenwölbung vor dem Strahl
- konkave (nach innen gebogene) Verbiegung der Zehenwand
- höhere und steilere Trachtenwände
- auseinanderlaufende Hornringe:
über der Zehenwand eng beieinander liegende Ringe, zu den Trachten hin verbreitern sich die Abstände zwischen den Ringen (wegen der Schädigung im vorderen Hufbereich wächst hinten das Horn schneller) - hutkrempenartige Umformung der Hufbeinspitze bis hin Auflösung von Knochensubstanz (Osteolyse) – Knollenhuf
- Hufbeinrotation
- Hufbeinsenkung
- Durchbruch der Hufbeinspitze oder Ausschuhen
Therapie
Das betroffene Pferd gehört SOFORT!!! in tierärztliche Behandlung.
Facebookgruppen können den tierärztlichen Rat nicht ersetzen!
Hufbearbeiter oder Hufschmied des Vertrauens hinzuziehen.
Dieser muss unbedingt mit dem Tierarzt zusammenarbeiten, da ohne Röntgenbilder keine Hufbearbeitung möglich ist.
Allwissende Gurus und selbsternannte Experten sind hier komplett fehl am Platz.
Eventuell einen guten Heilpraktiker mit ins Boot holen, die naturheilkundliche Therapie in Abstimmung mit dem Tierarzt durchführen.
Es gilt dasselbe wie beim Hufbearbeiter 🙂 .
Da ich hier keine konkreten Therapie-Ratschläge geben möchte, da ich dies zu heikel finde, verweise ich auf die Seite von Dr. Bingold, Pferdeklinik Großostheim, damit ist auch sichergestellt, dass die Informationen auf dem neusten medizinischen Stand sind:
Therapie der akuten Hufrehe LINK
Therapie der chronischen Hufrehe LINK
Hilfreiche Bücher zur Hufrehe:
Vorbeugung
Auf dem Bild oben, sind die typischen Fettpolster rot umkringelt, die anzeigen, dass ein Pferd übergewichtig ist und eventuell schon eine Insulinresistenz erworben hat (HIER mehr dazu) und damit hufrehegefährdet ist.
- Pferdegerechte Haltung
- auf die Figur achten, Fettleibigkeit verhindern
- regelmässige Arbeit: ein bißchen Bodenarbeit reicht nicht und auch das Rumstehen auf dem Paddock ist bei Weitem nicht genug
- der Arbeit angepasste Fütterung -> weniger ist mehr, beim Kraftfutter und insbesondere beim Gras!!!
- kein abrupter Futterwechsel
- langsames Anweiden
- auf Witterungsbedingungen bei Weidehaltung achten – Fruktan!
Muss dein Pferd abspecken 😛 ?
Hier gibt es Informationen über Ernährung und Training:
Nach dem Schub ist vor dem Schub, also aufpassen auf euer Pferd!
Denn:
jeder Reheschub schädigt die Architektur des Hufbeinhalteapparates.
Entscheidend für den Verlauf ist der rechtzeitige Beginn der Therapie, damit der Schaden so gering bleibt wie möglich.
Eine Hufrehe ist nicht heilbar, sondern die Symptome werden bekämpft.
Also gilt es die Haltung, Bewegung und Fütterung in Zukunft so zu gestalten, dass es nicht wieder zu einem Hufreheanfall kommt.
Hast du Probleme dein Pferd auf „Figur“ zu halten?
Wie schaffst du das?
Hatte dein Pferd schon Hufrehe?
Was war die Ursache?
Wie geht es deinem Pferd heute?
Wie hältst du es nach dem Schub gesund?
Ich würde mich freuen, wenn du hier deine Erfahrungen teilen würdest!
Dies würde sicher dem einen oder anderen unserer Leser sehr helfen!
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Bitte teilen!
Pferde mit equinem metabolischen Syndrom und Hufrehe-Pferde brauchen eine qualitativ hochwertige Mineralstoffversorgung, die stärke- und zuckerfrei sein muss.
Ein bewährtes Produkt einer guten Firma (eigene Erfahrungen) findet ihr unten.
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Ina meint
Hallo!
Meine Lewitzerstute gehört leider auch zur pummeligen Version der Vierbeiner.
Die Hufreheangst sitzt mir bei jeder schönen Weidesaison im Genick. Vor allem im Frühjahr und Herbst überlege ich mir immer dreimal, wann und wie lange mein Pony aufs Gras darf.
Zum Thema Gras könnte man ja auch ein Buch schreiben. Erst ist es zu saftig und raufaserarm, dann ist die Menge zu groß. Dann stellst sich die Frage: Lässt man die Diatpferde nachweiden oder ist der Fruktangehalt bei gestressten Gras auch wieder höher? Wie verhält es sich bei kalten Nächten und sonnigen Tagen. Die Pferde besser morgens, mittags oder abends aufs Gras lassen.
Ich versuche wirklich sehr vorsichtig zu sein, aber auch keine Ãœberpferdemutti.
Gott sei Dank heißt Weidesaison aber auch lange Tage und dementsprechend lange Ausritte 🙂
Solange mein Pony mich brav durch den Wald trägt, darf sie über Tag auch auf die grüne Weide.
Viele Grüße Ina
Conny meint
Meine Oldenburger Stute ist 2019 mit 14 Jahren an Hufrehe erkankt und stellt meine Tierärzte bis heute vor ein Rätsel. Schon immer hatte sie Probleme mit den Füßen (Fesselträger, Hufgelenk). Meine Vermutung ist die, dass es irgendwo genetisch bedingt war am Ende (Donnerhall Abstammung bei der scheinbar viele Probleme mit dem Stoffwechsel haben). Nach den ganzen Lahmheiten wurde sie 5 Jahre lang eher Freizeitmäßig geritten und hatte keinerlei Probleme mehr mit den Hufen, bis auf ab und an mal Strahfäule, da sie mini Hufe für ihre Größe hat. Sie war etwas übergewichtig, aber nicht extremst. Von heute auf morgen hat sie starke Rehe bekommen. Den Schub in den Griff zu bekommen hat lange gedauert und das Hufbein vorne rechts war kurz vor dem Durchbruch. Nach 6 Wochen Gips hatte sie sich soweit etwas besser erholt. Darauf folgte dann eine Kolik mit Klinikaufenthalt bei der wir sie alle schon fast aufgegeben hatten. Auch das hat sie irgendwie noch weggesteckt. Seither ist die auf Dauerdiät und hat auch ihr Sollgewicht. Der Linke Vorderhuf hat sich super erholt und sieht mittlerweil aus wie vor der Rehe, der rechte ist leider immer noch nicht gut. Ihre Rotation von 20 Grad wird wohl kaum mehr in den Griff zu bekomen sein, aber sie ist ein Kämpfer. 1.5 Jahre nach Beginn der Erkrankung steht sie nun im Offenstall mit befestigtem Paddock mit einem anderen Rehepferd zusammen (ein geeigneter Stall war mitunter die größte Herausforderung). Das Heu wiegen wir nach wie vor ab, sie bekommt Rehe Mineral und wir gehen ab und an spazieren. Reitbar ist sie nicht mehr, aber das muss auch nicht sein. Hauptsache sie ist schmerzfrei. Im Schritt ist sie lahmfrei, im Trab an guten Tagen auch, an schlechten taktet sie. Die Rehe ist leider chronisch und wurde scheinbar durch eine EMS ausgelöst. Verstehen tu ich das ganze bis heute nicht so richtig, da am alten Stall viele übergewichtige Pferde standen (viel übergewichtiger als meine Stute) und keiner irgendwas hatte in der Richtung. Auch meine Tierärzte wissen bis heute nicht durch was die Schübe ausgelöst wurden, da der linke Fuß kaum betroffen ist und der rechte extrem. Ein Rätsel, das wohl nie gelöst werden wird,.