Fortsetzung von „Bekommt Ihr Pferd genug Schlaf?„
 Pferde sind Herden- und Fluchttiere
Was bedeutet das?
Das Leben im Herdenverband und das Fluchtverhalten der Pferde hat sich über Jahrtausende als Schutz vor Fressfeinden entwickelt und bestimmt auch heute noch das Verhalten der Pferde auch in der in Menschenaugen so sicheren Boxen-, Offenstall- und Weidehaltung.
Ohne ihre Herde können Pferde in Freiheit kaum überleben.
Sie leben in Familiengruppen mit mehreren, meist miteinander verwandten Stuten und ihren Fohlen. Diese Kerngruppe  verändert sich wenig.
In wildlebenden Pferdeherden läuft ein Hengst mit der Herde.
Zusätzlich zu seinen Fortpflanzungsaufgaben übernimmt der Hengst den Part des Beschützers gegen Fressfeinde und Junggesellen, die auf der Suche nach einer eigenen Herde sind.
In den USA wird in den Mustangherden beobachtet, dass sich häufig ein oder sogar mehrere „Leutnants“ dazugesellen (mehr oder weniger freiwillig vom Leithengst geduldet), die den Leithengst bei der Verteidigung der Herde gegen Nebenbuhler und Fressfeinde unterstützen.
Auch die Stuten beschützen notfalls ihre Fohlen.
Junghengste leben in eigenen Junggesellengruppen.
Mindestens ein Herdenmitglied hält Wache, während die anderen schlafen.
Geruht wird im Herdenverband, der Leithengst sichert die Herde, bestimmt den Zeitpunkt des „Hinlegens“ und des „Aufstehens“.
Selten legen sich alle Pferde gleichzeitig hin.
Die Herde gibt Sicherheit und Schutz.
Sie gibt den Pferden Ruhe zum Fressen und Schlafen oder zur Aufzucht der Fohlen.
Durch das auf der vorherigen Seite beschriebene Schlafmuster, ist das Pferd optimal dafür ausgerüstet bei Gefahr schnell zu flüchten.
Diese genetische Grundausstattung hat sich auch bei unseren Hauspferden nicht geändert.
Um ruhig schlafen zu können, benötigen Pferde vor allem eins:
Sicherheit!
Den Tiefschlaf in Seitenlage nehmen Pferde nur ein, wenn sie sich sehr sicher fühlen.
Damit Pferde gesund bleiben und ihre optimale Leistung erbringen können, muß sichergestellt sein, dass sie ausreichend, qualitav hochwertigen Schlaf bekommen.
 Was beeinflußt das Liegeverhalten von Pferden
- Das Alter hat großen Einfluß auf das Liegeverhalten:
junge Pferde liegen deutlich mehr als erwachsene.
Bis zum Alter von 3 Monaten verbringen Fohlen 70 bis 80 Prozent, Jährlinge etwa 50 Prozent ihrer täglichen Ruhezeit im Liegen.
Ältere Pferde legen sich meistens nicht mehr so häufig hin. - In wild lebenden Herden liegen der Leithengst und das rangniedrigste Pferd am Wenigsten.
- Das ranghöchste Pferd nimmt den besten Liegeplatz ein und verjagt rangniedere Herdenmitglieder, jedoch kann in intakten Gemeinschaften, das rangniedere Pferd im Schutz des Ranghöheren sicher schlafen.
- Pferde halten auch im Ruhen ihre Individualdistanz ein.
Beeinflußt wird das Liegeverhalten auch durch äußere Einflüsse:
- Wie sicher fühlt sich das Pferd?
- der Umgebungstemperatur:
Beobachtungen zeigten, das Pferde bei großer Fliegenplage und Hitze während der Mittagsstunden länger ruhen - in welcher Haltung lebt das Pferd:
Pferde in Boxenhaltung liegen häufiger als draußen lebende Pferde - der Untergrund, die Gestaltung der Liegefläche
Bekommt Ihr Pferd genug Schlaf?
Unten die Aufzählung soll Ihnen einen Anhaltspunkt geben, um zu überprüfen, ob Ihr Pferd genug Ruhe bekommt und sich wohl genug fühlt, um sein Schlafbedürfnis zu decken.
In welchem Umfeld lebt Ihr Pferd?
Fühlt es sich wohl und sicher?
- Boxenhaltung
- Hat es genug Platz sich ganz auszustrecken?
- Wie verträgt es sich mit den Nachbarn?
- Wie unruhig ist der Stall?
- Wird ihr Pferd häufig aus dem tiefsten Schlummer geholt, um auf die Weide geführt zu werden oder zum Reiten?
- Stimmt die Einstreu: weich, trocken, sauber?
Ãœbrigens:
laut einer Studie durchgeführt von Professor Dorota Witkowska und Team (Department of Animal and Environmental Hygiene, Faculty of Animal Bioengineering, University of Warmia and Mazury, Olsztyn, Polen) bevorzugen Pferde Stroh als Einstreu LINK DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.jevs.2016.03.007 - Wie viele Fliegen gibt es im Stall?
- Wie tief ist die Box? Bilden sich Kälteinseln (kalte Luft fällt nach unten?
- Wie gut belüftet ist die Box?
- Wie alt ist Ihr Pferd? Traut es sich noch hinzulegen oder tut es das nicht mehr, weil es Angst hat, nicht wieder hoch zukommen?
- Offenstall oder Weidehaltung
- Wie ist die Herdenzusammensetzung?
- Gibt es häufigen Wechsel?
- Ist viel Unruhe in der Herde?
- Welchen Rang hat Ihr Pferd in der Gruppe?
- Hat es Freunde?
- Gibt es Mobber in der Herde?
- Wie viel Platz haben die Pferde?
- Wie sind die Bodenverhältnisse?
- Gibt es genug trockene Liegeplätze oder ist alles schlammig, so daß sich die Pferde nur sehr ungern hinlegen?
Untersuchungen zeigen:
wenn die Einstreu einen Feuchtigkeitsgehalt von 60 % übersteigt, verkürzen sich die Liegezeiten der Pferde. - Wie oft wird der Boden gesäubert? Ist alles voller Mist oder Urin?
- Â Naturboden oder Beton?
dünne Pferde schürfen sich beim Liegen häufig die Hüftknochen auf, wenn der Boden zu hart und zu rauh ist -> die Wunden heilen sehr schlecht, weil nur Haut über den Knochen ist.
- Gibt es genug trockene Liegeplätze oder ist alles schlammig, so daß sich die Pferde nur sehr ungern hinlegen?
- Gibt es ausreichend Liegeplätze?
- Sind diese ausreichend geschützt, auch vor Herdenmitgliedern?
Pferde bevorzugen strukturierte Liegeplätze, mit Sichtschutz und Laufbarriere, wo sie von anderen Herdenmitgliedern ungestört, schlafen können: Studie Dr. Ursula Pollmann Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg, Referat Ethologie und Tierschutz„Einfluss der Strukturierung des Liegebereichs einer Gruppenauslaufhaltung auf das Verhalten der Pferde“ Link .Â
- Sind diese ausreichend geschützt, auch vor Herdenmitgliedern?
Fazit:
Pferde können in einer Gruppenhaltung ruhig und gut schlafen, wenn ihr Sicherheitsbedürfnis gedeckt ist und sie in einer harmonischen, konstanten Herdenkonstellation mit ausreichend Platz leben.
Es sollte Funktionsbereich für Fressen, Trinken und Schlafen geben und diese sollten klar voneinander getrennt sein.
Ein trockener, luftiger und verformbarer Liegebereich sorgt für den perfekten Schlafkomfort.
Gibt es noch Punkte, die zu beachten sind?
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Worauf liegt Ihr Pferd am Liebsten?
Hatten Sie schon Probleme damit, dass Ihr Pferd zu wenig Schlaf bekommen hat?
Woran haben Sie das gemerkt?
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auch interessant
Kai-Uwe Güntner LMU München „Polysomnographische Untersuchung zum Schlafverhalten des Pferdes“ Link.
Natalie Steidele LMU München „Beobachtungen einer Przewalski-Junggesellenherde im Jahresverlauf unter besonderer Berücksichtigung von Ruheverhalten und Rangordnung“ Link
Bild Pferdeherde wacht über schlafendes Fohlen: flickr/David Schwaegler
Nadine Webeler meint
Hallo,
mein Name ist Nadine und ich möchten folgendes Schildern,
Mein Pferd steht in einem Offenstall ohne Liegefläche.
Der Stall in dem Heu gefüttert wird, wird nur dünn mit Spänen ausgestreut damit die Pferde nicht ausrutschen.
Der Bereich vor dem Stall ist gepflastert, ansonsten gibt es im Winter nur matschige oder nasse Flächen.
Bis auf einen abgesperrten Bereich(Paddock mit Unterstand gepflasterten)
Die sogenannte Notbox.
Auf meinen Vorschlag den Pferden über Winter diesen Unterstand eingestreut als trockene Liegefläche anzubieten, traf ich nur auf Ablehnung,
die Pferde benutzten es nur als Klo, zusätzliche Arbeit.
Wie kann ich nun dem Stallbesitzer begreiflich machen das eine trockene Liegefläche wichtig ist.
LG
Nadine Webeler
Charlotte meint
Hi,
wir haben jedes Jahr eine enorme Fliegenplage in unseren Auwiesen. Am Anfang habe ich immer gesprüht, aber ganz ehrlich. Das einzige was hilft sind Pferdedecken. Ich merke immer wie mein Sancho in dieser Zeit sehr müde ist. Ich denke auch, dass die Fliegen ihn nicht wirklich schlafen lassen. Danke für den interessanten Artikel.
LG, Charlotte
Erika meint
Hallo.
Mein 20jähriger Wallach hatte zwei ganz schlechte Wochen im vorherigen Stall.
Man hat ihn ohne mein Wissen zu zwei Neuzugängen gestellt. Die beiden gehören zusammen, ein Besitzer.
Sie haben es geschafft das mein alter nach zwei Wochen mit lauter Bisswunden voll war und aussah wie ein mottenzerfressener Teppich. Ist beim putzen eingeschlafen, hat gelahmt.
Wenn ich ihn von der Koppel geholt habe, wurden wir von den zweien richtig verfolgt, haben uns versucht den Weg zur Tür zu verstellen.
Zurück auf die Koppel wollte er nie.
Er hat sich aus Angst angepinkelt!
Hab meinen Tierarzt angerufen, der meinte meiner muss sofort aus der Herde raus!
Bin, zum Glück, paar Tage später in einen neuen Stall gekommen.
Er hat lange gebraucht sich dort in die neue Herde zu integrieren, aber jetzt ist es sein absolutes Paradies.
Reiten kann ich ihn leider nicht mehr, weil die zwei Wochen Hetzjagd der beiden anderen, seine Arthrose extrem verschlimmert haben.
4 Gelenke waren total entzündet. Ein Jahr hat es gedauert den Alten wieder fit zu bekommen, und ein Haufen Geld.
Aber der neue Stall war seine Rettung, laut Tierarzt hätte er im alten Stall nicht mehr lange überlebt.
LG
Erika